Was tun bei Eigenbedarfskündigung? Rechte und Optionen für Mieter und Vermieter

Ein Mietverhältnis kann nicht ohne Weiteres durch den Vermieter oder die Vermieterin beendet werden. Solange die vertraglich vereinbarten Pflichten eingehalten werden, ist eine Kündigung seitens des Vermieters bzw. der Vermieterin nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Einer der häufigsten Gründe ist in diesem Zusammenhang die Eigenbedarfskündigung. Doch nicht jede Eigenbedarfskündigung ist automatisch rechtmäßig. Welche Anforderungen müssen erfüllt sein, welche Rechte ergeben sich für die betroffenen Parteien und unter welchen Umständen kann eine Kündigung unwirksam sein?

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Eigenbedarfskündigung ist nur gültig, wenn sie nachvollziehbar begründet wird und der Wohnraum für den Vermieter oder die Vermieterin selbst oder bestimmte nahe Angehörige benötigt wird.
  • Nicht jeder Eigenbedarf ist zulässig – entfernte Verwandte oder wirtschaftliche Interessen reichen oft nicht aus.
  • Formfehler oder fehlende Begründungen können die Kündigung unwirksam machen.
  • Mieter und Mieterinnen können sich wehren, etwa durch die Prüfung der Kündigung oder einen Härteeinwand bei unzumutbaren Folgen wie Krankheit oder hohem Alter.

Was ist Eigenbedarf? Voraussetzungen und rechtliche Grundlagen

Ein Mietverhältnis kann unter bestimmten Voraussetzungen durch den Vermieter oder die Vermieterin beendet werden, wenn ein nachvollziehbarer und gesetzlich anerkannter Eigenbedarf besteht. Dabei handelt es sich um eine Kündigung, die auf der Notwendigkeit basiert, die betreffende Wohnung oder das Haus entweder selbst zu nutzen oder sie einem nahestehenden Familienmitglied zur Verfügung zu stellen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit einem Urteil vom 10. Juli 2024 (Az. VIII ZR 276/23) klargestellt, dass nur Personen als nahe Angehörige gelten, die vor Gericht ein Zeugnisverweigerungsrecht hätten (§ 383 ZPO, § 52 StPO).

Personen, für die eine Eigenbedarfskündigung zulässig ist:

  • Eigentümer und Eigentümerinnen selbst
  • Geradlinige Verwandte: Eltern, Kinder, Enkel und Enkelinnen, Großeltern
  • Geschwister
  • Stiefkinder
  • Nichten und Neffen
  • Pflegepersonal und Haushaltshilfen, sofern ein berechtigtes Interesse besteht

Personen, für die eine Eigenbedarfskündigung unzulässig ist:

  • Entfernte Verwandte: Patenkinder, Cousins und Cousinen, Großnichten/-neffen
  • Angehörige von Lebenspartnern oder Lebenspartnerinnen: deren Eltern oder Geschwister

Vermieter und Vermieterinnen müssen ein berechtigtes Interesse nachweisen und genau darlegen, warum die Wohnung oder das Haus benötigt wird, insbesondere wenn weitere Immobilien vorhanden sind.


Rechte und Schutzmöglichkeiten für Mieter

Eine Kündigung aufgrund von Eigenbedarf muss nicht zwangsläufig hingenommen werden. Mieter und Mieterinnen haben in solchen Fällen verschiedene rechtliche Möglichkeiten, Widerspruch einzulegen. Zum einen kann die formelle Wirksamkeit der Kündigung überprüft werden. Ist beispielsweise der angegebene Eigenbedarf nicht ausreichend begründet oder betrifft er entfernte Verwandte wie beispielsweise eine Cousine des Vermieters, kann dieser Umstand zur Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung führen.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, der Eigenbedarfskündigung unter Berufung auf eine unzumutbare soziale Härte zu widersprechen. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein Umzug aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen oder fehlender Alternativen nicht zumutbar erscheint. In solchen Fällen sind die Interessen des Mieters bzw. der Mieterin gegen die des Vermieters bzw. der Vermieterin abzuwägen, wobei auch besondere persönliche oder wirtschaftliche Umstände eine Rolle spielen können.

Ob eine soziale Härte tatsächlich gegeben ist, wird von den Gerichten gründlich geprüft. Allein ein hohes Alter oder der langjährige Wohnsitz begründen nicht immer einen Härtefall. Ebenso stellt ein ärztliches Attest, das aus gesundheitlichen Gründen von einem Umzug abrät, nicht zwangsläufig eine ausreichende Grundlage dar. Vielmehr ist in solchen Fällen ein Sachverständigengutachten erforderlich (BGH, 22.05.2019, Az. VIII ZR 167/17; VIII ZR 180/18).


Rechte und Pflichten für Vermieter bei Eigenbedarf

Ein Kündigungsschreiben wegen Eigenbedarfs unterliegt strengen gesetzlichen Vorgaben, die sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergeben. Eine rechtssichere Eigenbedarfskündigung erfordert, wie bereits erwähnt, eine klare und detaillierte Begründung. Insbesondere muss zweifelsfrei ersichtlich sein, für welche Person der Wohnraum benötigt wird. Allgemeine oder pauschale Angaben, wonach der Vermieter bzw. die Vermieterin selbst oder nahe Verwandte wie die Großeltern einziehen sollen, genügen nicht. Fehlerhafte oder unzureichende Begründungen können dazu führen, dass die Kündigung unwirksam ist.

Darüber hinaus sind die gesetzlichen Kündigungsfristen gemäß § 573c Abs. 1 BGB zwingend einzuhalten. Diese richten sich nach der Dauer des Mietverhältnisses.

  • So beträgt die Frist bei einer Mietdauer von bis zu fünf Jahren insgesamt drei Monate.
  • Liegt die Dauer des Mietverhältnisses über fünf Jahren, verlängert sich die Kündigungsfrist auf sechs Monate.
  • Nach einer Mietdauer von mehr als acht Jahren erhöht sich diese Frist auf neun Monate.

Möglichkeiten zur Einigung: Lösungen außerhalb der Kündigung

Schon vor Abschluss eines Mietvertrags kann eine vertragliche Regelung getroffen werden, die für einen bestimmten Zeitraum eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ausschließt. Eine solche Vereinbarung ist nur wirksam, wenn sie schriftlich fixiert und von beiden Seiten unterzeichnet wird.

Kommt es dennoch zu einer Eigenbedarfskündigung, muss der Vermieter bzw. die Vermieterin diese gerichtlich durchsetzen. Da ein Prozess stets mit hohen Kosten und Aufwand verbunden ist, sind außergerichtliche Lösungen oft sinnvoller. Eine Möglichkeit ist ein Kompromiss, wie die Unterstützung bei der Haus- oder Wohnungssuche, eine Beteiligung an Umzugskosten oder eine Abfindung.

Alternativ kann ein Mietaufhebungsvertrag geschlossen werden, der das Mietverhältnis unabhängig von Kündigungsfristen beendet. Allerdings entfällt damit der gesetzliche Kündigungsschutz, sodass ein Auszug auch dann erfolgen muss, wenn keine alternative Wohnmöglichkeit gefunden wurde.


Fazit

Eine Kündigung durch den Vermieter oder die Vermieterin sollte stets genau geprüft werden. Schon formale Fehler oder unzureichende Begründungen stellen die Wirksamkeit infrage. Besonders bei Eigenbedarfskündigungen sind strenge gesetzliche Vorgaben zu beachten. Zudem kann in bestimmten Fällen ein Härteeinwand erhoben werden, um den Auszug zu verhindern. Auch bestehende Mietverträge lassen sich oft nachträglich rechtlich absichern, wenn Klauseln unklar oder unwirksam sind. Als Anwalt für Mietrecht in Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf unterstütze ich Sie mit meiner Fachexpertise, sollten Sie als Mieter oder Mieterin eine Eigenbedarfskündigung erhalten haben. Ebenso können Sie sich als Vermieter oder Vermieterin an meine Kanzlei wenden, wenn Sie eine Eigenbedarfskündigung rechtssicher durchsetzen wollen. Vereinbaren Sie jetzt Ihr unverbindliches Erstgespräch.